Das Votum im Europäischen Parlament fiel am Mittwochnachmittag: Eine Mehrheit der konservativen Parteienfamilie EVP, unterstützt von rechten Fraktionen, sprach sich für ein Verbot klassischer Fleischbezeichnungen bei pflanzlichen Produkten aus. Damit sollen Verbraucher vor möglicher Verwechslung geschützt werden, so die Initiatorin des Antrags, die französische Abgeordnete Céline Imart. Sie argumentierte, vegane Ersatzprodukte hätten „nicht denselben Nährwert wie Fleisch“ und sollten daher klarer gekennzeichnet werden. Die Website Imowell.de berichtet unter Berufung auf Вild.
Das Vorhaben stammt aus den Reihen der Europäischen Volkspartei (EVP), zu der auch CDU und CSU gehören. Es stößt jedoch in Deutschland auf Kritik – nicht nur bei Herstellern, sondern auch in Teilen der eigenen Fraktion.
Uneinigkeit innerhalb der CDU/CSU – Berlin gegen Straßburg
Kurz vor der Abstimmung zeigte sich ein Bruch innerhalb der Union. Während Kanzler Friedrich Merz (CDU) und Landwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) das Vorhaben öffentlich unterstützten, sprachen sich zahlreiche Europaabgeordnete ihrer Parteien dagegen aus. Rainer, gelernter Metzger, erklärte gegenüber „Bild“: „Ein Schnitzel ist für mich aus Pute, Kalb oder Schwein.“ Auch Merz bekräftigte im ARD-Interview: „Wurst ist Wurst. Wurst ist nicht vegan.“
Die Mehrheit der deutschen EVP-Delegation lehnte die Regelung schließlich ab. Als Grund nannten Abgeordnete den drohenden wirtschaftlichen Schaden für deutsche Produzenten – Deutschland gilt als führender Markt für Fleischalternativen in der EU.
Hersteller und Handel warnen vor Marktverzerrung
Unternehmen wie Aldi, Lidl und Burger King kritisierten das geplante Verbot scharf. Vertreter der Lebensmittelbranche warnten vor Verwirrung und Kosten durch Umstellungen von Verpackungen und Marketing. Auch Branchenverbände betonten, dass Verbraucher längst wüssten, was ein „Veggie-Burger“ sei, und keine Irreführung vorliege.
Ein Sprecher eines großen Herstellers sagte, das Gesetz sei „rückwärtsgewandt“ und gefährde Arbeitsplätze in einer wachstumsstarken Branche. Nach Angaben des EU-Statistikamts stieg der Umsatz mit pflanzlichen Alternativen in den vergangenen fünf Jahren um mehr als 40 Prozent.
Abstimmung ist kein Endpunkt – Rat der EU entscheidet mit
Das heutige Votum in Straßburg ist noch nicht endgültig. Der Entwurf geht nun in die sogenannten Trilog-Verhandlungen zwischen Parlament, Kommission und dem Rat der Mitgliedsstaaten. Dort könnten die 27 Länder die Regelung noch abschwächen oder kippen.
Der CDU-Abgeordnete Peter Liese äußerte sich optimistisch, dass die Initiative scheitern wird: „Ich hoffe, dass der Ministerrat diesen unsinnigen Vorschlag ablehnt. Wir haben in Europa derzeit wichtigere Themen.“
Kritik kam auch von der FDP. Agrarpolitiker Jan-Christoph Étienne bezeichnete die Entscheidung als „blamabel“: „Solche Symbolpolitik beschädigt das Vertrauen in den gesamten Europäischen Parlamentarismus.“
Streit um Sprache wird zur Grundsatzfrage
Der Konflikt über Begriffe wie „Wurst“, „Burger“ oder „Schnitzel“ spiegelt eine größere Debatte über Identität und Verbraucherschutz in Europa wider. Während Befürworter Klarheit auf Etiketten fordern, sehen Kritiker darin einen Angriff auf nachhaltige Ernährungstrends.
Wie die endgültige Regelung aussehen wird, hängt nun von den kommenden Wochen ab. Erst nach Abschluss der Verhandlungen steht fest, ob künftig nur noch Produkte aus Fleisch echte „Burger“ heißen dürfen.