Litauens Präsident Gitanas Nausėda hat Deutschland vorgeworfen, ein öffentlich gegebenes Versprechen zur Verhängung neuer Sanktionen gegen Russland nicht eingehalten zu haben. Das sagte er in einem Interview mit der deutschen Zeitung Bild, informiert die Website Imowell.de.
Während eines Besuchs in Kiew im Mai hatten Vertreter Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens Moskau ein Ultimatum gestellt: ein 30-tägiger Waffenstillstand mit der Ukraine sollte bis zum 12. Mai akzeptiert werden. Andernfalls sollten harte Sanktionen folgen. Russland ignorierte die Forderung – doch umfassende Strafmaßnahmen blieben bisher aus.
Nausėda erklärte, das Ausbleiben konkreter Schritte seitens Berlins untergrabe das Vertrauen in das gesamte europäische Engagement. Auch zugesagte Waffenlieferungen an die Ukraine, darunter Kampfjets und Langstreckenraketen, seien bislang nicht erfolgt.
Der litauische Präsident betonte, dass die seit 2022 verhängten Sanktionen nicht die gewünschte Wirkung gezeigt hätten. Sie seien nicht streng genug gewesen, zudem hätten Drittstaaten Russland geholfen, die Maßnahmen zu umgehen.
Trotz internationalem Druck funktioniere die russische Wirtschaft weiterhin relativ stabil, sagte Nausėda. Dies stelle die Effektivität der bisherigen Sanktionspolitik infrage.
Im Hinblick auf das 18. Sanktionspaket der EU forderte Nausėda entschlossene Schritte. Der Katalog müsse alle energiebezogenen Unternehmen umfassen, die zum russischen Staatshaushalt beitragen – darunter „Nord Stream“, „Gazprom“, „Rosatom“ und „Lukoil“. Zudem sprach er sich für den vollständigen Ausschluss russischer Banken aus dem SWIFT-System und die Blockade von Schiffen der Schattenflotte aus.
Er warnte, ein Zögern der EU könne als Schwäche gewertet werden und den internationalen Einfluss Europas schmälern.
Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte zuletzt angekündigt, dass neue Sanktionen bald beschlossen würden. Konkrete Entscheidungen wurden jedoch bisher nicht veröffentlicht.