In der Stadt Ulm (Baden-Württemberg) haben Anwohner ein ungewöhnliches und beunruhigendes Naturphänomen entdeckt. Hoch oben in einer Linde, in unmittelbarer Nähe der Pestalozzi-Schule, hängt ein gewaltiges Nest des asiatischen Hornissen. Mit einem Durchmesser von rund 80 Zentimetern und bis zu 4000 Tieren gilt es als das bislang größte bekannte Nest dieser Art in der Region. Die Website Imowell.de berichtet unter Berufung auf Вild.
Das Gebilde erinnert in seiner Form an ein groteskes Gesicht – mit schmalen Augen, einer knollenartigen Nase und einem verzerrten Mund. Experten vermuten, dass die Kolonie bereits im Frühjahr gegründet wurde und sich unbemerkt entwickeln konnte, bis die Blätter fielen und das Nest sichtbar wurde.
Laut Dr. Martin Denoua vom BUND-Kreisverband Ulm sei das Nest nur zufällig entdeckt worden: „Hätte das befallene Baumstück früher nachgegeben, wäre die Gefahr groß gewesen, dass die Tiere in Panik geraten und Menschen angegriffen hätten.“
Asiatische Hornisse gilt als invasive Bedrohung
Die asiatische Hornisse (Vespa velutina) stammt ursprünglich aus Südostasien und gilt in Europa als hochgradig invasiv. Sie steht nicht unter Artenschutz, da sie als Bedrohung für heimische Insekten, insbesondere Honigbienen, eingestuft ist.
„Diese Art jagt gezielt Honigbienen, oft ganze Völker. Jede Biene, die den Stock verlässt, wird gefangen“, erklärt Denoua, der zugleich Vorsitzender des örtlichen Imkerverbands ist. Ein einziges Hornissennest kann in einer Saison rund elf Kilogramm Insekten vertilgen – das entspricht etwa 100 000 Bienen.
Ein städtischer Sprecher bestätigte, dass die Nester in Ulm nicht mehr automatisch von den Behörden beseitigt werden. „Grundbesitzer müssen selbst handeln, solange keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht.“
Experten warnen: bis zu 500 neue Königinnen pro Nest
Der Biologe Tim Adriaens vom Institut für Natur- und Forstforschung Flanderns erklärte gegenüber Het Laatste Nieuws, dass aus einem großen Nest bis zu 500 Jungköniginnen hervorgehen können. Nur ein bis zwei Prozent überleben den Winter – genug, um die Population exponentiell wachsen zu lassen.
Auch der deutsche Hornissenberater Thomas Beissel warnt: „In Regionen wie Mannheim, Heidelberg und Saarbrücken gibt es stellenweise bis zu zehn Nester pro Quadratkilometer. Das erhöht das Konfliktpotenzial enorm.“
Schätzungen zufolge könnten allein in Flandern bis 2030 mehr als 60 000 Nester existieren, wenn keine wirksamen Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
Warum der Kampf gegen den Eindringling so schwierig ist
Beide Fachleute sind sich einig, dass die Art kaum noch auszurotten ist. Die rasante Vermehrung, verbunden mit der hohen Zahl an Königinnen, führt zu einer dauerhaften Etablierung der Hornisse in Mitteleuropa.
Trotzdem bleibt die Bekämpfung wichtig: Die Hornissen ernähren sich zu etwa 85 Prozent von Honigbienen und anderen Bestäubern – ein massiver Eingriff in das ökologische Gleichgewicht. Deshalb werden Nester professionell dokumentiert und mit Aktivkohle vernichtet, um die weitere Ausbreitung zumindest zu verlangsamen.
Was Bürger tun sollten, wenn sie ein Nest entdecken
Wer ein Hornissennest im Garten oder an Gebäuden findet, sollte auf keinen Fall selbst eingreifen. Die Tiere reagieren äußerst aggressiv, wenn ihr Bau gestört wird. Stattdessen sollte der Fund über das Meldeportal des NABU oder lokale Umweltbehörden gemeldet werden.
Zur Unterscheidung: Der asiatische Hornisse ist dunkel gefärbt, mit orangegelbem Hinterleib, gelben Beinen und einem orangefarbenen Kopf. Das unterscheidet sie klar von der heimischen, geschützten europäischen Hornisse (Vespa crabro).
