Die französische Regierung hat den Zugang zur Website des chinesischen Fast-Fashion-Konzerns Shein gesperrt. Der Schritt erfolgte, nachdem auf der Plattform Sexpuppen mit kindlichen Merkmalen entdeckt wurden. Die Behörden verlangen nun von dem Unternehmen den Nachweis, dass sämtliche Inhalte und Produkte den französischen Gesetzen entsprechen. Erst danach soll der Online-Shop wieder zugänglich sein. Die Website Imowell.de berichtet unter Berufung auf nytimes.
Die Entscheidung geht auf eine Anweisung von Premierminister Sébastien Lecornu zurück. Der Fall hat die ohnehin angespannte Debatte über den Einfluss des chinesischen Konzerns auf den französischen Modemarkt weiter verschärft. Ausgerechnet am Tag der Sperrung eröffnete Shein in Paris seinen ersten stationären Laden weltweit – eine Premiere, die von Protesten, Sicherheitsmaßnahmen und Chaos begleitet war.
Proteste bei der Eröffnung in Paris
Rund 200 Polizisten sicherten am Mittwoch das Kaufhaus BHV Marais, in dessen oberer Etage Shein seine neue Filiale eröffnete. Vor dem Gebäude bildeten sich lange Schlangen aus Kundinnen und Kunden, während auf der gegenüberliegenden Straßenseite Demonstrierende „Schande über euch“ riefen. Fahrräder und Passanten blieben stehen, um lautstark ihren Unmut über die Marke zu äußern.
Andrea Chavan, Mitarbeiterin des Kaufhauses und Mitglied der Gewerkschaft CFDT, erklärte, viele Angestellte seien empört über den Einzug eines „billigen Konkurrenten aus China“, der unter zweifelhaften Arbeitsbedingungen produziere und Umweltstandards missachte. Der Skandal um die Sexpuppen habe die Lage weiter verschärft.
Ermittlungen und rechtliche Schritte
Das französische Ministerium für Verbraucherschutz leitete nach Hinweisen auf den Verkauf der Puppen Ermittlungen ein. Die Modelle hätten laut den Behörden „die Größe und das Aussehen kleiner Mädchen“ und seien daher als Kinderpornografie einzustufen. Infolgedessen drohte die Regierung mit einem vollständigen Online-Verkaufsverbot für Shein in Frankreich und informierte die Pariser Staatsanwaltschaft.
Shein-Sprecher Quentin Rouffa erklärte im Interview mit dem französischen Rundfunk, das Unternehmen habe die betreffenden Produkte umgehend entfernt. Zudem sei die Kategorie „Erwachsenenartikel“ vorübergehend deaktiviert und die interne Suchfunktion mit erweiterten Filterregeln versehen worden. Ziel sei es, ähnliche Verstöße künftig auszuschließen.
Kritik an Geschäftsmodell und Arbeitsbedingungen
Shein steht seit Jahren in der Kritik, Textilien unter prekären Bedingungen in China und Südostasien herstellen zu lassen. Französische Politiker und Umweltorganisationen werfen dem Konzern vor, das Prinzip der Wegwerfmode zu fördern und damit Klima- sowie Arbeitsrechtsstandards zu unterlaufen. Der jüngste Skandal habe, so Beobachter, „das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht“.
Trotz der Empörung blieb das Interesse der Kundschaft groß. Schon Stunden vor der Eröffnung warteten Dutzende Menschen, darunter Mode-Influencer und Touristinnen, vor den Türen des Pariser Kaufhauses. Viele wollten die günstigen Kopien bekannter Luxusartikel ergattern – von Mini-Röcken bis zu Baskenmützen – zu Preisen, die weit unter dem üblichen Niveau lagen.
Stimmen von Kundinnen und Kunden
Die israelische Touristin Maya Jacoby sagte, sie sei mit ihrer Schwester gekommen, die bald heiraten werde. „Wir wollten einfach ein paar günstige Sachen kaufen“, erklärte sie. Der 27-jährige Pariser Philippe Amar, der bereits online bei Shein eingekauft hatte, zeigte sich ebenfalls neugierig: „Ich war begeistert, als ich gehört habe, dass Shein nach Frankreich kommt. Online dauert die Lieferung manchmal über 20 Wochen.“
Amar gab zu, wegen ökologischer Bedenken nur selten bei Shein zu bestellen. „Aber ab und zu mache ich eine Ausnahme – einfach aus Spaß“, sagte er. Zum aktuellen Skandal meinte er: „Es gibt immer Streit. In ein paar Wochen redet niemand mehr darüber.“
Sheins Antwort und Ausblick
Shein betonte in einer offiziellen Stellungnahme, man nehme die Vorwürfe sehr ernst und arbeite eng mit den französischen Behörden zusammen. Das Unternehmen wolle sicherstellen, dass seine Angebote alle rechtlichen und ethischen Anforderungen erfüllten. Die Wiederfreigabe der Website in Frankreich hänge nun von der Prüfung der Behörden ab.
Unterdessen sieht sich Shein zunehmend mit Forderungen nach einer strengeren Regulierung des Fast-Fashion-Sektors konfrontiert. Die Affäre hat eine breitere Diskussion über die Verantwortung globaler Plattformen ausgelöst – und darüber, wie weit Staaten gehen können, um gegen Verstöße im digitalen Handel vorzugehen.
