Künstliche Intelligenz stand im Mittelpunkt einer internationalen Studie, die sich mit der Autorschaft der ersten neun Bücher des Alten Testaments befasst. Wissenschaftler aus mehreren Ländern nutzten linguistische Analysen und statistische Modelle, um verschiedene Schreibstile in diesen Texten zu identifizieren. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift PLOS One veröffentlicht, informiert die Website Imowell.de.
Das KI-Modell erkannte Unterschiede in der Häufigkeit selbst einfacher Wörter wie „nicht“, „welcher“ oder „König“. So konnten drei unterschiedliche stilistische Traditionen identifiziert werden, die vermutlich auf verschiedene Schreibschulen zurückgehen. Diese waren an unterschiedlichen Teilen der Bibel beteiligt – darunter die fünf Bücher Mose, die historischen Bücher von Josua bis zu den Königen sowie sogenannte priesterschriftliche Texte.
Laut dem Projektteilnehmer Thomas Römer konnte jede Autorengruppe durch einen spezifischen Stil erkannt werden. Die angewandte Methode sei präzise bei der Unterscheidung dieser Merkmale.
Zur Überprüfung der Genauigkeit analysierte das System 50 Kapitel, die zuvor manuell drei bekannten Stilrichtungen zugeordnet worden waren. Das Modell bestätigte nicht nur diese Ergebnisse, sondern erklärte auch, auf welcher sprachlichen Grundlage eine Zuordnung vorgenommen wurde.
Nach Angaben von Shira Feigenbaum-Golovin von der Duke University wurde eine Formel entwickelt, mit der sich der Stil eines Autors quantitativ anhand der Frequenz von Lexemen und grammatischen Konstruktionen bestimmen lässt.
Besondere Aufmerksamkeit galt der sogenannten Ladeerzählung in den Samuelbüchern. Die Analyse zeigte, dass ein Abschnitt aus dem ersten Buch Samuel keiner der drei Traditionen entspricht, während ein anderer Abschnitt aus dem zweiten Buch Samuel klar mit der deuteronomistischen Geschichtsschreibung übereinstimmt.
Die KI wurde auch für die Analyse umstrittener Passagen eingesetzt, bei denen frühere Methoden keine eindeutigen Ergebnisse lieferten. Das System identifizierte dabei nicht nur wahrscheinliche Verfasser, sondern nannte auch konkrete sprachliche Merkmale als Begründung.
Am Projekt beteiligten sich Fachleute aus den USA, Frankreich und Israel – darunter Archäologen, Bibelwissenschaftler, Linguisten, Mathematiker, Physiker und IT-Experten. Die Forscher betonen, dass sich die Methode auch auf andere antike Texte anwenden lässt.